DFG Forschergruppe: Integrierte Planung im öffentlichen Verkehr
Teilprojekt 6: Wirkung von Störungen auf Fahrgäste und Betriebsablauf

  • Ansprechperson:

    Prof. Dr.-Ing. Peter Vortisch
    Lars Briem, M.Sc.
    Dipl.-Ing. Sebastian Buck

     

  • Förderung:

    Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

  • Projektbeteiligte:

    Universität Göttingen

    TU Kaiserslautern

    TU Dortmund

    RWTH Aachen

    KIT – Institut für Theoretische Informatik, Algorithmik

    Universität Stuttgart

    Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

  • Beginn:

    2016

  • Ende:

    2021

Integration von Störungen in ein Verkehrsnachfragemodell
Problemstellung

Auch in der Zukunft wird der öffentliche Verkehr eine wichtige Rolle spielen, um eine große Menge an Personen schnell, kostengünstig und umweltschonend zu befördern. Es ist daher erstrebenswert, ein Verkehrsangebot so zu planen, dass es angemessene Alternativen zum Individualverkehr bietet. Um ein solches Verkehrsangebot zu planen, ist eine möglichst große Freiheit in der Optimierung und eine realistische Bewertung essentiell. Eine Einschränkung der Freiheit ist beispielsweise ein systemweiter Takt aller angebotenen Linien. Die Bewertung von Verkehrsangeboten bzw. die Umsetzbarkeit erfolgt in aller Regel mit Hilfe von Verkehrsnachfragemodellen. Die aktuell verfügbaren Modelle können zwar teilweise Störungen abbilden, z.B. Busse im Stau oder Fahrzeitschwankungen, aber nicht die entsprechenden Reaktionen der Fahrgäste und des Betreibers auf diese Störungen. Werden die Reaktionen bei der Bewertung vernachlässigt, sind die Auswirkungen unter Umständen deutlich stärker.

Projektziel

In unserem Projekt wollen wir den Planungsprozess im ÖV integriert betrachten, um so das ÖV Angebot bezüglich seiner Kundenfreundlichkeit und seiner Kosten zu verbessern. Dabei soll auch die Robustheit gegen Störungen miteinbezogen werden. Unsere Ziele sind:

  • eine verbesserte Abstimmung zwischen Linienplan, Fahrplan, Umlaufplan und Personaleinsatzplänen durch eine übergreifende Optimierung des Gesamtsystems anstatt der Optimierung der bisher nur einzeln betrachteten aufeinanderfolgenden Planungsstufen
  • eine höhere Kundenorientierung: Linien und Fahrpläne sollen für die Kunden so attraktiv wie möglich sein. Dazu arbeiten wir an der Routenplanung in multimodalen Netzen und an der Integration realistischer Nachfragemodelle in die Optimierungsverfahren
  • ein gutes Störungsmanagement sowie die Entwicklung robuster Lösungen durch eine bereits in den Planungsprozess integrierte Betrachtung typischer Störungen im späteren Betriebsablauf.

Aufbauend auf Ansätzen der diskreten Optimierung, des Algorithm Engineering und der Verkehrssimulation arbeiten wir an innovativen Verfahren, die den Entwurfsprozess in der Verkehrsplanung verbessern. Die erzielten Fortschritte werden im Rahmen verschiedener Demonstratoren u.a. an einem großen realen Fallbeispiel deutlich gemacht.

Methode

Insgesamt kombiniert die Forschergruppe Methoden der Optimierung, des Algorithm-Engineerings und der Verkehrssimulation.

Das IfV erforscht im Rahmen dieses Projekts drei Fragestellungen.

Erstens wird empirisch die Reaktion von Fahrgästen auf Störungen mit Hilfe verschiedener Erhebungen untersucht. Zunächst wird mit Hilfe von Interviews und einer Revealed-Preference-Befragung der Entscheidungsspielraum von Passagieren im öffentlichen Verkehr untersucht. Dies dient vorbereitend für eine Stated-Choice-Befragung, in der Probanden in verschiedenen Störungssituationen aus mehreren Alternativen jeweils eine auswählen sollen. Darauf aufbauend soll ein Entscheidungsmodell für das Verhalten von Fahrgästen im Störungsfall erstellt werden.

Zweitens wird sowohl empirisch als auch datengetrieben die Reaktion von Betreibern auf Störungen im öffentlichen Verkehr untersucht. Dazu wird zunächst ebenfalls mit Interviews und einer Revealed-Preference-Befragung das Verhalten von Disponenten verschiedener Verkehrsbetriebe erhoben. Anschließend werden Daten aus dem rechnergestützten Betriebsleitsystem eines Verkehrsbetriebs bezüglich der tatsächlich disponierten Entscheidungen untersucht. Basierend auf diesen Daten soll ein Entscheidungsmodell erstellt und in die Simulation des öffentlichen Verkehrs integriert werden. Diese erweitert die im Rahmen der ersten Phase des Forschungsprojekts entwickelte Simulation des öffentlichen Verkehrs.

Drittens werden die Randbedingungen bei der Angebotsplanung empirisch untersucht. Die Erhebung soll online erfolgen und die Fragestellung lösen, ob für alle oder bestimmte Fahrgastgruppen ein Takt wünschenswert ist. Es wird dabei auf verschiedene Formen von Taktungen eingegangen (z. B. Systemtakt, Linientakt, teilweise Taktausdünnung, vollständig taktfrei).